Positionen der Bundeskonferenz 2022
Alevitisches Empowerment - für eine solidarische Gesellschaft
Im Jahr 2019 haben wir wenige Monate vor dem rechtsterroristischen Anschlag in Hanau unseren Antrag „Fight Racism!“ beschlossen. Unsere Haltung hat sich nicht geändert und die Situation hat sich zugespitzt.
Mit dem rechtsterroristischen Anschlag am 19. Februar 2020 wurde 9 Menschen in Hanau ihr Leben genommen. Der Tag hat uns alle sehr erschüttert. Die Angehörigen wurden taktlos behandelt und mussten teilweise auf Ermittlungen bestehen. Die Tode von Ferhat, Gökhan, Mercedes, Vili Viorel, Said Nesar, Kaloyan, Sedat, Fatih und Hamza verpflichten uns alle, uns aktiv für eine offene Gesellschaft und für eine funktionierende Demokratie einzusetzen.
Jede Form von Rassismus – Anschläge als schlimmste Form – sorgen dafür, dass junge Menschen traumatisiert werden. Sie müssen sich Gedanken um ihre Sicherheit machen, während andere Altersgenoss_innen solche Probleme nicht haben. Nach Hanau haben sich viele Mitglieder in ihrem Alltag unsicher gefühlt.
Mit Hanau, dem rassistischen Mord an George Floyd in Minneapolis, dem antisemitischen Attentat in Halle und vielen weiteren in den letzten Jahren wurde klar, dass der Kampf gegen Rassismus verstärkt werden muss. Allein durch die Dichte der Taten kann die Dominanzgesellschaft diesen Kampf nicht mehr ignorieren, sie kann nicht mehr nur kurze Zeit Anteil nehmen und dann weiterleben wie gehabt. Die gesamte Gesellschaft trägt Verantwortung dafür, allen ein Leben in Frieden zu ermöglichen. Es muss bewusst werden, dass diese Taten nicht der Anfang von Diskriminierung sind, sondern das Ende.
Zivilcourage muss gefördert werden. Das Einschreiten und Solidarisieren sollten keine Ausnahme sein, sondern der Regelfall. Weniger Einsatz führt dazu, dass sich Täter_innen sicherer fühlen, weil sie keine Konsequenzen zu befürchten haben. Der digitale Raum muss auch als öffentlicher Raum gesehen werden. Gewalt im Netz ist häufig der erste Schritt, menschenfeindliches Gedankengut zu verbreiten, zu vertreten und zu teilen und ist mit analoger Gewalt verbunden[1]. Alevitische Jugendliche bekommen täglich mit, wie über sie hergezogen wird. Sie lesen Kommentare mit unmenschlichen Anschuldigungen gegenüber Alevit_innen oder bekommen Drohnachrichten. Gerade in Sozialen Medien, die in der jungen Generation beliebt sind, wie Instagram und TikTok werden viele Hass- und Hetznachrichten verbreitet. Einige fühlen sich dazu gedrängt, ihre eigene Identität, ihre Religion und ihre Ansichten zu rechtfertigen, da sie das Gefühl vermittelt bekommen, falsche Auffassungen zu haben.
Insbesondere junge alevitische Frauen* und Mädchen* sind von Übergriffen im Digitalen Raum betroffen. Sie werden sexualisiert: Typische zutiefst verstörende Aussagen sind „mit ihr kannst du machen was du willst“, „sie hat ohnehin keine Ehre“ oder „sie ist doch sowieso ungläubig“. Sie werden reduziert und als Objekt betrachtet, das sich Männer* einfach nehmen können. Diese Kultur der Sexualisierung der alevitischen Frau* nimmt zu und muss bekämpft werden. Diese Kultur steht für alles, wofür wir nicht stehen. Alevitische Frauen* erfahren nach Zeynep Arslan auf zwei Weisen einen Vergleich zu z.B. sunnitischen Frauen*: 1. werden sie als nicht-unterdrückte, freie und gleichberechtigte Frauen* dargestellt und 2. als unsittlich dargestellt, wenn sie konservativen patriarchalen Vorstellungen nicht entsprechen und ein wahrhaft selbstbestimmtes Leben führen.[2]
Diese Diskriminierungsform erfahren alevitische Frauen* von nicht-alevitischen Menschen aus der Minderheitengesellschaft, aber auch von alevitischen Personen, die nach Arslan „sunnitisiert“ sind: „In der Frage der Rolle und Position der alevitischen Frauen* in der Gesellschaft und spätestens bei der Diskussion um die Jungfräulichkeit der alevitischen Frauen* gleichen die Alevit_innen dezidiert der von ihnen so kritisierten patriarchalisch geprägten sunnitischen Gesellschaft. Sie „sunnitisieren“ sich sozusagen.“[3]. Die Mehrfachbetroffenheit der Alevitischen Frau* (Intersektionalität) ist keine Sache, die nur alevitische Frauen* betrifft. Alle sind gemeinsam verantwortlich, diese Ungleichbehandlung zu bekämpfen. Gleichberechtigung ist ein Grundpfeiler der alevitischen Lehre. Wenn diese aber nur in der Theorie gilt und sonst patriarchale Werte gelebt und weitergegeben werden, widerspricht sich das.
In diesem Zuge muss über die Minderheitengesellschaften gesprochen werden. Es gibt nicht eine homogene Gruppe, die einfach als Minderheit gezählt werden kann. In der Öffentlichkeit werden beispielsweise „die Türken“ oder „die Muslime“ als Synonym für alle Menschen genutzt, die sprachlich oder optisch vermeintlich in diese Gruppen zu passen scheinen. Das ist ignorant und das Gegenteil von einer toleranten und offenen Gesellschaft. Ganzen und vor allem vielen Gruppen wird dadurch ihre Existenz aberkannt. Sogenannte Gastarbeiter, wurden als eine Masse betrachtet und ihre Vielfalt völlig übergangen. Bis heute sitzt dies in den Köpfen der Menschen, weil sie es nicht besser gelernt haben. Es hängt von Zufällen und tragischen Ereignissen ab, ob die Öffentlichkeit und Gesellschaft diese Vielfalt erkennen. Tragischerweise ist allgemein bekannt, dass es die Glaubensgemeinschaft der Ezid_innen gibt, die vor dem grausamen Genozid durch den IS nicht vielen etwas gesagt hätte. Hier ist insbesondere auf das Leid ezidischer Frauen* hinzuweisen. Da sie als „ungläubig” gelten für den IS, wurden sie als Sexsklavinnen missbraucht. Mit Blick auf die Zahl der IS-Sympathisant_innen und -Anhänger_innen bedeutet das für unsere Gesellschaft, dass in Deutschland Formen von Faschismus Fuß fassen konnten, die ihre Ursprünge in nicht-deutschem Faschismus haben. Das prominenteste Beispiel ist die skandalöse Tatsache, dass die Grauen Wölfe die größte Rechtsextreme Gruppe in Deutschland darstellen.[4]
Weiterhin ist erschreckend, wie sehr junge alevitische Menschen verschiedene Diskriminierungsformen hinnehmen, weil es vielleicht ihre Coping-Strategie[5] ist. Je mehr Diskriminierungserfahrungen man macht oder je größer die Angst vor diesen Erfahrungen ist, desto höher ist das psychische Leiden und die Folgen können verheerend sein.[6] Dem muss ein Bewusstsein entgegengestellt werden, das diese Diskriminierungserfahrungen nicht duldet. „İncinsen de incitme“ (Deutsch: Verletze nicht, auch wenn du verletzt wirst.) von Hünkar Bektaş Veli heißt nicht, dass man sich Ungerechtigkeit und Diskriminierung aussetzen soll. Sondern vielmehr, dass man es nicht selbst verbreiten soll. Daher ist es zunächst wichtig, Diskriminierung, z.B. Rassismus, zu erkennen und als solchen zu benennen. Der nächste Schritt ist eine selbstkritische Reflektion des eigenen Verhaltens, um nicht selbst zu diskriminieren, weder einzelne Menschen noch ganze Gruppen.
Abschließend muss Betroffenengruppen von Diskriminierung, aber insbesondere Nicht-Betroffenen bewusst werden, dass erstere keine „Opfer“ im Sinne von schwachen, handlungsunfähigen Menschen sind, sondern Betroffene, welche selbstbestimmt entscheiden, wie sie damit umgehen.
Unsere Forderungen sind:
- Zum Schutz vor rechter Gewalt muss es flächendeckende Schulungen zum Erkennen und zum Umgang mit menschenfeindlichen Ideologien für Schlüsselbereiche wie Sicherheitsbehörden, Lehrer_innen und in der Justiz geben.
- Alle rassistischen Gewalttaten müssen transparent und lückenlos aufgeklärt werden.
Zum Schutz vor rechter Gewalt muss es flächendeckende Schulungen zum Erkennen und zum Umgang mit menschenfeindlichen Ideologien für Schlüsselbereiche wie Sicherheitsbehörden, Lehrer_innen und in der Justiz geben. - Eine Verschärfung des Waffengesetzes muss vor rassistischer Gewalt schützen.
- Die Verfolgung von Hass und Hetze im Netz muss ausgebaut werden.
- Es braucht nicht nur deutlichen und durchgreifenden Einsatz gegen Rechtsextremismus von Nazis, sondern von jeglichem Rechtsextremismus, beispielsweise dem Türkischen.
Alevitisch sein heißt, antifaschistisch, antirassistisch, humanistisch und pluralistisch zu sein.
Der BDAJ ist mitverantwortlich, wenn an der Situation etwas verändert und vor allem verbessert werden soll. Folgende Maßnahmen sind geeignet, um Empowerment im und mit dem BDAJ zu stärken und sich mit diesen wichtigen Themen zu beschäftigen:
- Der BDAJ erstellt ein E-Mail-Postfach oder eine andere Stelle, bei der man anonym über rassistische Erfahrungen berichten kann. Das soll die Möglichkeit bieten, Erfahrungen mitzuteilen, um diese zu thematisieren. Der BDAJ stellt in dem Zusammenhang keine Fachberatungsstelle dar. Vielmehr geht es um Empowerment innerhalb der Community.
- Die Daten können empirisch erhoben werden. Mit den anonymen Daten soll Infomaterial erstellt werden, um den Mitgliedern das Aufmerksam-Machen und Thematisieren zu erleichtern. Diese wollen verständlicherweise nicht ihre eigenen Erfahrungen preisgeben, um darauf reduziert zu werden.
- Dialoge mit anderen Minderheiten sollen Parallelen aufzeigen, sofern sie vorhanden sind, um das Empowerment in der jungen Minderheitengesellschaft zu stärken. Diese Dialoge können in verschiedenen Veranstaltungsformaten umgesetzt werden.
- Bildungsauftrag: Informationen und Gedenkaktionen sollen aktiv verbreitet und durchgeführt werden, beispielsweise durch eine Social Media Kampagne. Das Erinnern und Gedenken, z.B. an Sivas oder Dersim soll ebenso dazu führen, dass Freund_innen und befreundete Verbände mehr über uns erfahren, sich diese Daten merken und sich solidarisieren können.
Queerfeminismus
Wir leben in einer Gesellschaft, die patriarchal organisiert ist. Was heißt das? Das heißt, dass unsere Gesellschaft maßgeblich von Männern bestimmt, kontrolliert und repräsentiert wird. Frauen werden also strukturell benachteiligt und Männer bevorzugt. Auch wenn das nicht immer auf den ersten Blick sichtbar ist, besteht dieses System der Diskriminierung heute immer noch.
Unser Anliegen ist es nicht nur sexistisches Verhalten einzelner in den Fokus zu rücken, sondern vielmehr die Systematik des Patriarchats zu kritisieren. Dies soll unsere Kritik an- in aller Regel von Männern ausgeübten- Alltagssexismus jedoch nicht schmälern. Systematik meint hier, dass Sexismus, Homo-, Bi-, Trans- oder Interphobie immer Ausdruck eines strukturellen Verhältnisses sind. Das heißt, die Abwertung von Frauen oder Menschen mit anderen Sexualitäten als der Heterosexualität von Institutionen, wie zum Beispiel auch durch den Staat, der Schule, oder in der Jugendarbeit passiert, oder wird reproduziert.
Warum eine Position, die Frauenrechte und die Rechte LGBTQIA* gleichzeitig thematisiert? Alle Ungleichwertigkeitsideologien gegen LGBTQIA*, sowie Sexismus entspringen dem Konstrukt des Patriarchats und dem bis heute anhaltenden männlichen Herrschaftsanspruch. Das bedeutet nicht, dass alle Männer bewusst Frauen unterdrücken wollen. Diese sind in der Minderheit und nennen sich selbst Männerrechtler und sind vorwiegend in der rechten Parteienlandschaft zu finden, wie zum Beispiel der AfD. Trotzdem sind sich viele Menschen ihres eigenen sexistischen Verhaltens nicht bewusst und handeln unbewusst sexistisch. Es geht um Dynamiken des Patriarchats, die wir weiter aufbrechen wollen, als auch um eine entschlossene Position gegen die AfD und andere rückständige Akteur_innen, die vor dem Genderwahnsinn und dem vermeintlich bösen Feminismus warnen.
Früher konnte man die vorher genannten Benachteiligungen sehr leicht erkennen, wie z.B. beim Arbeitsrecht und dem Wahlrecht, welches sich Frauen erkämpfen mussten. Mit der Frauenbewegung im Zuge der 1968er Jahre und der Bewegung der sexuellen Befreiung hat sich sehr viel verändert. Frauen haben viele Jahre demonstriert und für ihre Rechte gekämpft. Es gab Errungenschaften wie die Abschaffung von sexistischen Gesetzen, wie dem der sogenannten „Hausfrauen-Ehe“, sodass Frauen seit 1977 ohne die Erlaubnis von Männern arbeiten dürfen. Bis 1997 waren sexualisierte Übergriffe in der Ehe legal und Politiker wie Horst Seehofer und Friedrich Merz haben gegen die Kriminalisierung von Vergewaltigungen in der Ehe gestimmt. Diese beiden Politiker sind immer noch aktiv und besetzen wichtige Positionen in der CDU/CSU. Diese Errungenschaften waren wichtig, doch Gesetzesänderungen verändern nicht die grundsätzliche Dynamik des Patriarchats.
Zwar dürfen Frauen heute wählen und Auto fahren, jedoch begegnen sie neuen sexistischen Zwängen. Die Frau von heute ist nicht mehr nur Hausfrau, sondern in der Regel berufstätig. Leider führt das nicht unweigerlich dazu, dass sie in der Haushaltsführung Entlastung bekommen, und dadurch zwei Rollen erfüllen müssen, um dem Anspruch nach Perfektion gerecht zu werden. Einerseits sollen sie arbeiten, modern und emanzipiert sein, andererseits zeigt sich in der Realität, dass die Aufgabe des Kinder-Großziehens, also Erziehung und Hausarbeiten, bei ihnen bleibt und Männer sich weniger in der Verantwortung sehen. Dieser Mechanismus wird in der Wissenschaft „die doppelte Vergesellschaftung der Frau“ genannt und verdeutlicht die zweifache Unterdrückung, derer Frauen heutzutage ausgesetzt sind.
Auch Menschen, die nicht heterosexuell sind, mussten lange Jahre für die Anerkennung als Menschen kämpfen. Während des Nationalsozialismus wurden Homosexuelle in Massen in Konzentrationslagern ermordet. Weiter galt Homosexualität bis in die 80er Jahre als Krankheit. Auch heute finden immer noch – wie beispielsweise auf dem Oktoberfest (Stand 2019) – Übergriffe auf Homosexuelle statt.
Als alevitische Frauen/ LGBTQIA* gilt es auch uns unsere eigene Position in diesem System bewusst zu machen. So können wir uns zwar mit weiten Teilen der Frauen- und LGBTQIA*- Bewegung identifizieren wollen aber herausstellen, dass wir eine eigene Form der Diskriminierung erfahren. Wir sind überzeugt, dass wir dies mit dem Analysewerkzeug der Intersektionalität aufzeigen können. So sind wir nicht nur aufgrund der Kategorien Frau-, Schwul-, Lesbisch-, Trans-, Inter-Sein im Fokus von Ausgrenzung, sondern müssen dies immer verbunden mit unserer alevitischen Identität und damit mit dem deutschen Rassismus Zusammendenken. Als Mensch mit Migrationshintergrund homosexuell zu sein, bedeutet oftmals einen komplett anderen Druck und Ausgrenzung zu erfahren als ein Homosexueller ohne Migrationshintergrund. Genauso werden alevitische Frauen durch Männer sicher anders sexualisiert und exotisiert, als es deutsche Frauen täglich erleben. Bei diesem Punkt geht es nicht darum den Frauen und LGBTQIA* ohne Migrationshintergrund ihre Ausgrenzungserfahrungen abzusprechen, sondern schlichtweg klarzumachen, dass unsere Erfahrungen andere sind, welche aber genauso wichtig in einem Diskurs der sexuellen Vielfalt und der Frauenrechte sind.
„Wer sich nicht bewegt, spürt seine Fesseln nicht!“ Rosa Luxemburg
Wir wollen uns bewegen und reaktionäre Akteur_innen in der Politik, Jugendarbeit, schlichtweg in allen Bereichen, in denen sie uns begegnen kritisieren und ihnen als alevitische Jugendliche aufzeigen, dass sie mit der Zeit und wissenschaftlichen Erkenntnissen mitgehen müssen!
Say NO to Sexism, Trans-, Inter- and Homophobia!
Forderungen
Für den BDAJ ist klar, dass wir eine gesellschaftliche Gleichbehandlung, sowie gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen wollen!
Daher wollen wir eine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Thema Frauenrechte und Rechten von LGBTQIA*, sowie eine Kritik an der stattfindenden Diskriminierung auf unterschiedlichen Ebenen.
Der BDAJ fordert:
- die ökonomische Gleichstellung aller Geschlechter! Der gender pay gap muss unmöglich ge-macht werden
- die gesellschaftliche Gleichstellung aller Geschlechter! Es muss ein Bewusstsein geschaffen werden, dass Frauen durch die Anpassungsfähigkeit des Patriarchats immer noch wie durch z.B. die doppelte Vergesellschaftung der Frau, eine Form der der Diskriminierung erfahren.
- eine Ernstzunehmende Verfolgung häuslicher Gewalt, es ist kein Zustand, dass die Zahl sexua-lisierter Übergriffe in Deutschland steigt, die Aufklärungsrate der Polizei aber sinkt!
- das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper und deshalb die Abschaffung des Paragraf 219a des StGB und damit des faktischen Informationsverbots zu Schwangerschafts-abbrüchen! Jede Frau sollte selbst darüber entscheiden dürfen, ob sie ein Kind austragen möchte oder kann!
- ein Bewusstsein in der Gesellschaft, dass Konstrukte wie die bürgerliche Kleinfamilie und da-mit einhergehende Wertvorstellungen historisch geprägt sind und nicht deshalb der natürliche Idealzustand sind. Jeder Mensch hat ein Recht auf Familie, egal welche Sexualität ein Mensch hat.
- eine gesellschaftliche Anerkennung alternativer Lebensentwürfe gleich der Parole „lieb‘ doch wen du willst“
- eine gesellschaftliche Anerkennung, dass es mehr Kategorien an Geschlechtern gibt als sie uns die Heteronormativität vorschreibt
- Die Abschaffung des Transsexuellengesetzes und eine Ersetzung dessen durch ein Selbstbe-stimmungs-Gesetz.
Leider sind wir als Alevit_innen trotz unseres humanistischen Weltbilds und unserem klaren Bekenntnis zur Gleichbehandlung der Geschlechter nicht frei von Abwertungsmechanismen und wir müssen uns mit unseren eigenen Strukturen auseinandersetzen und deshalb klar machen:
- Alle Formen von nicht Heterosexualität müssen etwas werden, dass eine „Normalität“ erfährt. Niemand sollte Angst haben nach einem Outing, in der BDAJ Familie ausgegrenzt zu werden
- Wir müssen unseren gesamten alevitischen Community erklären, dass LGBTIQIA* „normal“ sind und genauso selbstverständlicher Teil unserer alevitischen Community als auch unserer Gesellschaft sind!
- Sprache reproduziert Ungleichwertigkeitsideologien! Deshalb bekräftigen wir, dass wir auf Grundlage des Beschlusses der BuKo 2013, geschlechtergerechte Sprache als Solidarität mit trans-, intergeschlechtlichen und queer lebenden Menschen verwenden.
- Unsere Religion ist in ihren Grundfesten humanistisch und sehr progressiv. Wir sprechen nur von Cans und nicht von Mann und Frau. Trotzdem lassen sich auch in unserer Religion Zere-monien und Rituale finden, die nicht mehr zeitgemäß sind und die weitergedacht werden müssen. Wir wünschen uns deshalb eine Förderung der kritischen Auseinandersetzung mit be-stimmten Riten und eine Überprüfung dieser auf Geschlechterstereotype.
Be aware and care
Die Mentale Gesundheit ist Voraussetzung für ein gutes Leben. Es gibt unzählige Aspekte, Faktoren und Variablen, die die mentale (Un-)Gesundheit beeinflussen können. Dazu zählen u.a. das fehlende Bewusstsein für Krankheitsbilder und ein fehlender gesellschaftlicher Raum mit Akzeptanz für mentale Vulnerabilität. Junge Menschen sind von psychischen Belastungen betroffen. In Deutschland klagt jede fünfte junge Person über psychische oder körperliche Beschwerden aufgrund von Belastung. Sorgen und Erfahrungen von jungen Menschen müssen ernst genommen werden. Es ist wichtig, die mentale Gesundheit zu fördern und besonders vulnerable Menschen zu unterstützen.
Im UNICEF-Bericht zur Situation der Kinder in der Welt 2021 wird festgestellt, dass psychische Probleme Auswirkungen auf die Bildung haben und das Leben von jungen maßgeblich negativ beeinflussen können.
Um dem entgegenzuwirken und einen Schritt in die Richtung von verständnisvollerem, sichererem und ehrlicherem Miteinander zu gehen, beschäftigt sich der BDAJ mit der mentalen Gesundheit.
Quellen:
UNICEF-Bericht zur Situation der Kinder in der Welt 2021 „On My Mind: Die mentale Gesundheit von Kindern fördern, schützen und unterstützen“ https://www.unicef.de/informieren/materialien/sowcr-2021/251192
[1] HateAid: Gewalt im Internet, https://hateaid.org/ratgeber/ Stand 02.2022
[2] Arslan, Zeynep: Demokratisierung durch Selbstermächtigung, in: Bechmann, Ulrike & Reiss, Wolfram (Hrsg.), Anwendungsorientierte Religionswissenschaft, Band 12, Baden-Baden, 2018, Seite 152
[3] Ebd. Seite 35
[4] Bozay, Kemal: Graue Wölfe – die größte rechtsextreme Organisation in Deutschland, https://www.bpb.de/themen/rechtsextremismus/dossier-rechtsextremismus/260333/graue-woelfe-die-groesste-rechtsextreme-organisation-in-deutschland/ , 2017
[5] Coping-Strategie: Art des Umgangs mit Schwierigkeiten
[6] Quelle: Fares, Helen: WAS MACHT DIE PSYCHE BEI... Rassismuserfahrungen?, https://www.instagram.com/tv/CQ6vUxXAtHN/